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...drei Säulen anwaltlichen Selbstverständnisses

Zur uneingeschränkten und ungestörten Wahrnehmung der zentralen Aufgaben des Anwaltsstandes braucht es drei elementare Garantien, die – was nie verwechselt werden darf – weniger dem Interesse des Rechtsanwalts, als dem Schutz seines Mandanten dienen, obwohl es die Enge des Verhältnisses zwischen Berater und Beratenem, Vertreter und Vertretenem zwingend mit sich bringt, dass, was dem einen schadet, auch dem anderen zum Nachteil gereicht, beziehungsweise, was der einen Seite nützt, auch der Vorteil der anderen ist.

Ausschließlich für den eigenen Klienten zu denken und zu handeln ist nur möglich in einem Feld vollkommener inhaltlicher (politischer) und wirtschaftlicher Unabhängigkeit: die Selbstverwaltung des Anwaltsstandes in den einzelnen Länderkammern und dem bundesweiten Rechtsanwaltskammertag soll im Idealfall nicht der eigenen Besitzstandswahrung dienen, sondern dazu, jeden staatlichen, ideologischen und religiösen, aber auch finanziellen Ein-fluss von außen hintanzuhalten.

Und, weil auch der einzelne Anwalt ausschließlich von seinen Mandanten (wirtschaftlich) abhängig sein soll, darf es nur das von ihnen bezahlte Honorar sein, von dem er lebt – auch wenn das zum Schutz dieser Unabhängigkeit seit langem installierte Provisionsverbot nicht ganz verständlicher Weise erst vor kurzem gefallen ist.

Das Pendant dazu ist die dem Rechtsanwalt umgekehrt vorgeschriebene, ausschließliche Klientenloyalität, die deshalb unabdingbar ist, weil das dem Beratungsverhältnis immanente Wissensgefälle zwischen ihm und seinem Mandanten in umgekehrter Richtung auch keine andere Abhängigkeit duldet, die absolutes gegenseitiges Vertrauen in Frage stellen dürfte.

Letzteres uneingeschränkte Vertrauen...

...wiederum kann nur dort entstehen, wo es auch durch die entsprechende Vertraulichkeit geschützt wird: Das Recht des Anwalts, sich ausnahmslos, vor allen Gerichten und Behörden, des Zeugnisses zu entschlagen darüber, was ihm im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit anvertraut wurde, ist im gleichen Maß auch eine Pflicht zur Verschwiegenheit gegenüber seinem Klienten, von der er nur durch ihn entbunden werden kann.

Gerade die ganz aktuellen Entwicklungen auf internationaler Ebene demonstrieren mit kaum mehr überbietbarer Deutlichkeit die Empfindlichkeit dieser Berufsgarantien: die Verschwiegenheitspflicht des Anwalts zu relativieren ist zweifellos legitim im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung wegen der damit verbundenen Gefahr für Leib und Leben – die Gefahr der Geldwäsche allein zur Grundlage für verpflichtenden Klientenverrat zu machen hat jedoch zu Recht heftigen Widerstand der Rechtsanwaltschaft in Europa hervorgerufen.