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Tarifgesetz und...

Das österreichische Rechtsanwaltstarifgesetz als staatliche Regelung der Verdienstgrenzen eines Berufsstandes, dessen Honorierung oftmals seiner Vorbehaltsaufgabe folgend in Form von Kostenersatz durch den unterliegenden Gegner erfolgt, mit dem der eigene Vertreter in gar keinem Vertragsverhältnis steht, nimmt sich naturgemäß die primäre Vorbehaltsaufgabe des Anwalts, die Vertretung vor Gericht, zum Muster und bestimmt die Kosten des Rechtsanwalts nach zwei wesentlichen Kriterien, die – wie in einem zweidimensionalen Koordinatensystem zwischen x- und y-Achse – das Ausmaß des Verrechenbaren in einer sich zunehmend verflachenden Kurve festschreibt:

Zum Einen listet es die klassischen Tätigkeiten des Prozessanwalts typisierend in „Tarifposten“ auf und geht dabei von der klassischen mündlichen „Verhandlung“ (mit feiner Differenzierung zwischen „streitiger“ und, gewöhnlich weniger aufwändiger, „außerstreitiger“) und den diese vorbereitenden und begleitenden „Schriftsätzen“ (unterschiedlicher Ausmaße und Schwierigkeiten – etwa geordnet nach den Instanzen) aus. Aber auch die außerprozessuale Kommunikation findet mündlich (etwa in Telefonaten oder Konferenzen) oder schriftlich (ursprünglich noch in Briefen, heute häufiger per Telefax oder eMail) statt. – Und naturgemäß gilt: je mehr Kommunikation erforderlich ist, je mehr Schriftsätze und Verhandlungen notwendig werden, je länger die einzelnen „Tagsatzungen“ dauern, desto mehr kostet auch der Anwalt.

Zum Anderen dient zur Bestimmung der Höhe des Kostenersatzes im Prozess aber auch und vor allem (weil höhere Verantwortung auch höhere Kosten mit sich bringen muss: je mehr auf dem Spiel steht, desto größer wird auch die potenzielle Haftung) die Bedeutung der Angelegenheit, um die es geht, die Bemessungsgrundlage einer juristischen causa, der Streitwert eines Prozesses – leicht auszumachen, wenn eine Klage auf Zahlung von Geld gerichtet ist, oder wenn die Verfahrensgesetze sonstige Bewertungen üblicher Streitigkeiten vorsehen: Prozesse vor den Bezirksgerichten sind wirtschaftlich regelmäßig weniger bedeutsam und daher auch „billiger“, als solche vor den Gerichtshöfen.

In allen anderen Fällen bestimmt den Streitwert der Kläger nach dem so genannten "Interesse" des Verfahrens – mit der wegen des Grundsatzes der Waffengleichheit der Verfahrensparteien im Prozess selbstverständlichen Möglichkeit des Beklagten, in solchen Fällen diesen Streitwert zu bemängeln.

Bestimmung von Bemessungsgrundlagen...

...bedeutet dann aber immer auch Festlegung des wirtschaftlichen Rahmenprogramms durch Vorgabe der Anwaltskosten. Die so genannte "Kostenkeule" kann in beiden Richtungen missbraucht werden: dass mit einer extrem hoch angesetzten Bemessungsgrundlage so manchem wirtschaftlich schlechter gestellten Gegner die Durchsetzung gerechtfertigter Ansprüche verunmöglicht wird, bleibt leider trotz aller Korrekturmechanismen des Gesetzes immer wieder Realität. Umgekehrt kann aber auch ein zu niedrig gewählter Streitwert (etwa, weil die Prozessführung billiger kommt als die Kosten der Erfüllung bestehender Verpflichtungen im Augenblick) dem Gegner als wirtschaftlich sinnvoll erscheinen lassen, durch überlange Verfahrensdauer die Durchsetzung gerechtfertigter Ansprüche zeitlich zu behindern und durch ungerechtfertigte Anträge und sachfremdes Vor-bringen die eigentlich prozessrelevanten Themen zu vernebeln.

Unsere Aufgabe wird es sein, in diesem Dickicht der wirtschaftlichen Festlegungen ihren rechtlichen Ansprüchen dennoch zum Durchbruch zu verhelfen.