02236/22378

...und der Paktfähigkeit

Als Pendant zum dinglichen Recht, das sich mit den Besonderheiten und rechtlichen Zuordnungen der "Sachen" als Objekten beschäftigt, hat das Obligationenrecht die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen den einzelnen Rechtssubjekten zum Gegenstand, die – weil rein virtuell – symbolisch als "Rechtsbänder" beschrieben werden:

Rechte und Pflichten, Ansprüche und Verbindlichkeiten, Soll und Haben, Schuld und Schul-den entstehen dabei entweder außervertraglich (etwa aus unerlaubten Handlungen im Schadenersatz-, beziehungsweise ohne "Verschulden" im Bereicherungs-Recht), oder auf Grund von Vereinbarungen, die von Vertragspartnern zur Regelung ihrer jeweils einander berührenden Rechtssphären getroffen werden.

Was man gemeinhin "Kautelarjurisprudenz" nennt, hat dabei nicht nur die für Vertragsjuristen allgegenwärtigen "Kautelen" (Sicherheitsklauseln) im Kopf, sondern viel weiter gehend einen sehr hohen Anspruch an die Qualität vertraglicher Vereinbarungen: Auch hier entscheidet nämlich nicht die Quantität, weil viel Papier noch keine Garantie für gute Verträge ist.

Ganz im Gegenteil: Komplexität zu reduzieren, das Wesentliche zu erfassen und überschaubar zu machen, Schwieriges so einfach wie möglich zu formulieren, und verständlich auszudrücken, was die Parteien tatsächlich wünschen, ist unser rechtstechnisches Ziel bei Vertragserrichtungen. „Keep it short and simple“ bedeutet für uns: So wenig wie möglich, aber so viel wie nötig. Ein weiteres Mal also: Weniger ist mehr.

Aber noch eine weitere -

- gewissermaßen rechtsethische Dimension muss im Zusammenhang mit Vertragserrichtungen im Auge behalten werden: Im Gegensatz zur verwaschenen kontinentaleuropäischen Tradition aus dem lateinischen Notariat der noch immer üblichen Doppelvertretung bei Vertragsverhandlungen plädieren wir ganz eindeutig auch in diesem Tätigkeitsbereich für klare Vermeidung von Interessenkollisionen. Den jeder Vertragsverhandlung zwingend immanenten Gegensatz von Bedürfnissen wirklich gerecht auszugleichen (und dafür notfalls auch ein Scheitern des Abschlusses in Kauf zu nehmen) gelingt nur, wenn jede Seite ihren eigenen Berater und Vertreter hat, zu dem allein ausschließliches und absolutes Vertrauen bestehen kann.

Dass gerade wir Rechtsanwälte für diese Aufgabe bestens prädestiniert sind, ergibt sich schon daraus, dass wir (als Experten für Konflikt-Kultur und notfalls auch streitige Durchsetzung von Ansprüchen) am besten auch die Kehrseite rechtlicher Fürsorge kennen – wie man nämlich Streit vermeidet: die wichtigste Eigenschaft vertraglicher Vereinbarungen ist nach wie vor, Streitigkeiten vorzubeugen und Konflikte zu vermeiden: Paktfähigkeit als wesentlichste Voraussetzung funktionierender Verträge kann auch von Anwälten stimuliert werden!