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Vom Streiten und…

Im Regelfall werden Konflikte von uns Menschen als unangenehm empfunden. Und obwohl zum Streiten, wie man sagt, immer zwei gehören, sind Konfrontationen als solche schon deshalb unvermeidbar, weil sich gerade für absurde Standpunkte immer ein Gegner finden lassen muss: Wenn wirklich immer der Gescheitere nachgibt, steht am Ende die Weltherrschaft der Dummen.

Streiten kann deshalb immer auch positive Wirkung entfalten, weil es unklare Situationen bereinigt und über Ansprüche als zu Recht bestehend oder nicht bestehend endgültig entscheidet: wie ein reinigendes Gewitter kann die Konfrontation (wie im Privatbereich) neue und bessere Grundlagen für die Entwicklung von Beziehungen schaffen.

Konfliktlösung, und -management sind die modernen Begriffe dafür – nicht nur im außerjuristischen Bereich, sondern auch in der Rechtsanwaltschaft. Auch sie hat sich neue Werkzeuge für den Umgang mit menschliche Konflikten zu eigen gemacht: Schlichtungsstellen, Schiedsverfahren und Mediationslösungen gehören zum Repertoire einer zeitgemäßen Anwaltskanzlei. Und auch unser Geschäftsführer hat die Ausbildung zum Mediator absolviert.

In all diesen Entwicklungen darf allerdings niemals übersehen werden: berechtigte Ansprüche, Rechte aus Verträgen mit anderen oder gesetzwidrigen Verletzungen der eigenen Sphäre sind nicht immer im Diskurs und Einvernehmen zu erledigen; Und wer die Kommunikation endgültig verweigert, muss im schlimmsten Fall auch mit staatlicher Macht zur Einhaltung seiner Rechtspflichten gezwungen werden können.

Denn wir Rechtsanwälte...

...sind vor allem deshalb Konfliktexperten, weil wir als einzige echte Vorbehaltsaufgabe die Vertretung vor Gericht haben – und die Justiz von ihrem verfassungsrechtlichen Wesensgehalt her jene Institution darstellt, die vom Staat angeboten wird, um private Rechtsansprüche nötigenfalls auch gegen Widerstände durchzusetzen: „Zwangsvollstreckung“ kann über den exekutiven Zugriff auf das Vermögen des Verpflichteten und gerichtliche Strafen bis zum Freiheitsentzug führen, macht aber als solcherart „scharfes Schwert“ andererseits das Faustrecht des Stärkeren entbehrlich.

Und dies gilt nicht nur für den Einzelfall, um Gerechtigkeit zu schaffen für bereits konkret geschehene Rechtsverletzungen, sondern auch aus Präventionsgründen für die Zukunft: wenn Übergriffe in die Rechtssphären anderer nicht pönalisiert würden, wenn der Staat nicht funktionierende Instrumente zur Erledigung von bereits entstandenen Konflikten zur Verfügung stellte, würde auch der Zusammenhalt der Gesellschaft insgesamt in Frage gestellt, weil anders deren Mitglieder angesichts der mangelnden Bindungswirkung moralischer Gesetzen keine zwingende Veranlassung mehr sähen, rechts-, gemeinschafts- und gesellschaftskonform zu handeln.